Expertenwissen: Wege zum Ziel - Wie bauen oder kaufen

Architektenbauweise

+++ Architekt an vielen Stellen unverzichtbar +++ Vergütungssystem nicht ohne Problematik +++ für einfache Familienhäuser weniger geeignet +++ prädestiniert für anspruchsvolle Häuser +++ Bauweise mit dem höchsten Beratungspotenzial +++

  • Je individueller und anspruchsvoller Haus und Bauherren sind, desto mehr lohnt sich eine Architektenbauweise.
  • Künstlertypen sind Gift für Ihren Geldbeutel.
  • Problematisch: Je teurer das Haus wird, desto höher ist das Honorar des Architekten.
  • Entwurf und Bauleitung stellen gegensätzliche Anforderungen.
  • Die wenigsten Architekten beherrschen alle Aufgabenstellungen gleichermaßen.
  • Heikel: Delegation von Aufgaben und Verantwortung erhöhen das Honorar.
  • Ein guter Architekt ist der ideale Berater.
  • Vergabe und Abrechnung setzen eine hohe Integrität voraus.
  • Ein fähiger Architekt ist in der Regel sein Geld wert.

Von Architektenbauweise spricht man, wenn ein Architekt oder ein Architekturbüro mit der Planung, der Ausschreibung und Vergabe, sowie der Bauleitung für ein Bauvorhaben betraut wurde. Entwurf und Bauleitung sind Tätigkeiten, die grundverschiedene Anforderungen stellen. Selten wird ein hervorragender Entwurfsarchitekt ein ebenso guter Bauleiter sein und umgekehrt.

Unser erster Expertentipp lautet daher: Überlegen Sie sich gut, ob Sie den kompletten Leistungsumfang einem „Einzelkämpfer“ übertragen, also einem Ein-Mann-Architekturbüro, oder ob Sie nicht besser ein Büro beauftragen, das über Spezialisten für die einzelnen Aufgabengebiete verfügt. Falls Sie einen Einzel-Architekten beauftragen, hüten Sie sich vor abgehobenen „Künstlern“. Zu erkennen sind sie daran, dass sie Ihnen ihren Stil und ihre Vorstellungen aufzwingen möchten, aber Schwierigkeiten beim Zuhören haben.

Wenn der Architekt seine Aufgabe ernst nimmt, wird sein Aufwand sehr viel höher sein, als die meisten Bauherren sich vorstellen. Gerade die jüngeren Architekten machen anfangs die Erfahrung, dass trotz eines üppig erscheinenden Honorars am Ende ein Stundenlohn verbleibt, der unter dem eines Facharbeiters liegt. Je mehr Routine sich einstellt, desto auskömmlicher wird das Salär jedoch im Lauf der Zeit.

Das liegt aber auch daran, dass bei jedem Haus ein gewisser Grundaufwand anfällt, egal ob es groß oder klein ist und ein routinierterer Architekt dazu neigen wird, eher größere und aufwendigere Häuser anzunehmen. Genau hier liegen die Stärken des Architektenhauses. Je individueller und anspruchsvoller Haus und Bauherren sind, desto mehr lohnt sich ein Architektenhaus. Mit Verallgemeinerungen sollte man aber vorsichtig sein. Es gibt Massivhausanbieter, die hier durchaus mithalten können, die Individualität eines Architektenhauses werden sie in der Regel jedoch nicht bieten.

Einzelvergabe, Einzelausschreibung und Einzelberatung haben natürlich ihren Preis. Massivhausanbieter werden über die Menge und aufgrund ihrer Standardisierung über Rahmenverträge meist bessere Vergabepreise erzielen, als bei einer Einzelausschreibung. Damit ist aber noch lange nicht gesagt, inwieweit dieser Preisvorteil letztlich beim Kunden ankommt. Ganz grundsätzlich, und von wenigen Ausnahmen abgesehen, geht es uns hier darum, für Sie Entscheidungskriterien herauszuarbeiten. Wichtigstes Ziel ist dabei, Kostenrisiken von vorneherein so weit als möglich zu vermeiden.

In der Praxis ist zu beobachten, dass die Beauftragung eines Architekten nicht selten mit der gleichen Blauäugigkeit geschieht, wie die Beauftragung eines Massivhausanbieters, obwohl die Kostenrisiken nicht geringer sind. Wer also unbedarft an die Sache herangeht, kann genauso auf die Nase fallen.

Um Ihnen näher zu bringen, um welche Problematik es dabei geht, werfen wir einmal einen Blick hinter die Kulissen:

Die übliche Honorierung des Architekten weist aus Sicht des Bauherrn einen gewaltigen Schönheitsfehler auf: Je mehr Kosten der Architekt produziert, und je mehr Arbeit und Verantwortung er auf Sonderingenieure und Projektanten auslagert, desto mehr verdient er – gleichzeitig verringern sich Aufwand und Risiko. Bodengutachter, Statiker, Heizungs-, Sanitär- und Elektroprojektant, sie alle können dem Architekten das Leben leichter und die Honorarabrechnung ergiebiger machen. Die Abrechnung der Sonderingenieure ist dabei ein Kapitel für sich. Zum Beispiel wird kein Statiker sich trauen, mit einem Bauträger auf Basis der HOAI abzurechnen. Im Rahmen einer Architektenbauweise wird es sich eher nicht trauen, nicht auf HOAI-Basis abzurechnen. Ihr Architekt wird Ihnen erklären, dass die HOAI gültiges Preisrecht ist, und eine Unterschreitung einen Gesetzesverstoß darstellen würde (Es soll hier nicht vertieft werden, dass man auch HOAI-konform sehr viel günstiger abrechnen kann, und dass Honorare bis 25.000 € Baukosten frei vereinbar sind.).

Die Projektanten werden für gute Arbeit ebenfalls gutes Geld verlangen. Es bietet sich an, dass sie auch gleich die Ausschreibung für ihre Gewerke erstellen; wiederum gut für das Architektenhonorar und die Haftung. Schlecht aber für den Geldbeutel des Bauherrn. Die Ausschreibung wird so gestaltet sein, dass die Haftungsrisiken des Projektanten so gering wie möglich ausfallen. Die zusätzliche Sicherheit – gewünscht oder nicht – erhöht aber zwangsläufig die Ausschreibungsergebnisse. In Summe kann einiges an Mehrkosten zusammenkommen.

Bis hierher ist alles im grünen Bereich. Mancher baut ja gerade deshalb mit einem Architekten, weil er auf diese zusätzliche Sicherheit Wert legt und auch bereit ist, dafür mehr zu bezahlen. Es gibt jedoch eine Problematik, die nicht nur private Bauherren Geld kostet ohne entsprechenden Gegenwert. Sie ist Eingeweihten bestens bekannt, wird aber nur ungern thematisiert. Das Problem betrifft öffentliche wie private Bauvorhaben. Es ist die mögliche Mauschelei bei Ausschreibungen. Gemauschelt werden kann nicht nur unter den Anbietern, sondern auch zwischen Architekt und Anbietern. Die Möglichkeiten sind leider äußerst vielfältig und die Grauzone, ab der nicht mehr die Interessen des Bauherrn gewahrt werden, ist durchaus fließend.

Der Architekt hat vielfältige, zum Teil subtile Möglichkeiten, einen Bieter als Auftragnehmer durchzusetzen. Der billigste Bieter ist nicht immer die beste Wahl. Es ist daher völlig legitim, einen zweifelhaften Bieter auszuschließen, was in der Regel mit den Bauherren besprochen wird. Es ist aber sicher nicht zulässig, um ein Beispiel aus der Praxis zu nennen, die Angebote der drei günstigsten Bieter unter den Tisch fallen zu lassen und bei Vergabe an einen der weniger günstigen Bieter, von diesem eine Provision zu beziehen, sich also wie es so schön genannt wird, „schmieren“ zu lassen. Die Möglichkeiten einer „Vorteilsannahme“ reichen von grenzwertigen Fällen bis zu sehr eindeutigen.

Im Bereich öffentlicher Vergaben gibt es immer wieder Bauskandale, wobei vermutet werden darf, dass sie nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Aber auch im privaten Bereich gibt es Akteure, über die hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird, dass sie gerne die Hand aufhalten. Der private Bauherr wird hiervon in der Regel nichts mitbekommen; die beteiligten „Profiteure“ werden sich hüten, etwas darüber zu verlautbaren.

Man spricht davon, dass 50 % aller Mängel am Bau auf die Planung zurückgehen. Lückenhafte Ausschreibungen und schlampige Vergaben sind für einen Großteil späterer Kostenüberschreitungen verantwortlich. Nicht selten werden Fehler des Architekten den Handwerkern in die Schuhe geschoben, Fehler der Handwerker dem Architekten angelastet, oder noch schlimmer, Fehler und Mängel dem Bauherrn gegenüber gemeinsam vertuscht. Keiner ist schuld, und bei einem Drama solcher Art ist am Ende der Bauherr der Dumme. Wie schön wäre da ein einziger Ansprechpartner?

Um einem entrüsteten Aufschrei von Kollegen zuvorzukommen: Dies ist natürlich kein Beitrag für eine Architektenzeitschrift. Hier geht es um die kritische Auseinandersetzung mit der Materie, und darum, unseren Abonnenten auch Insiderwissen weiterzugeben. Das geht nicht mit Schönreden. Als kleiner Trost: Hier bekommen auch andere „ihr Fett weg“. Der ganze Baubetrieb ist nun einmal kein Ponyhof, und Blauäugigkeit keine Idealvoraussetzung für die Erreichung großer Ziele.

Architektenbauweise ist eine ernst zu nehmende Alternative zum schlüsselfertigen Bauen, wenn auch nicht für jedermann. Ab einer bestimmten Komplexität des Bauvorhabens ist ein fähiges Architekturbüro vielleicht die einzig vernünftige Wahl. Dennoch sind die Risiken auch bei dieser Bauweise nicht zu unterschätzen, sie sind nur anders gelagert, und darüber sollten Sie Bescheid wissen. Wenn wir zur Pareto-Verteilung greifen, können wir davon ausgehen, dass etwa 20 % der Architekturbüros für den privaten Hausbau hervorragend geeignet und qualifiziert sind. Sowohl die Auswahl, aber auch die spätere Überwachung ist nicht ganz einfach. Es ist nicht damit getan, die gelben Seiten aufzuschlagen und es ist genügt nicht, den Architekten in blindem Gottvertrauen zu Werke gehen zu lassen. Private Empfehlungen sind ein gutes Zeichen, Referenzen, wie wir später noch sehen werden, sind mit Vorsicht zu genießen.

Wenn Sie allerdings mit der Arbeit Ihres Architekten rundum zufrieden waren, sollten Sie ihn auch weiterempfehlen und ihm als (unbezahlte!) Referenz zur Verfügung stehen. Sie honorieren damit nicht nur die Arbeit des Architekten, sondern tun auch anderen Bauwilligen damit einen Gefallen.

Es gibt Architekten, die mit viel Engagement und Kostenbewusstsein auch an weniger lukrative Aufgaben herangehen, und diese tipptopp abwickeln. Renommierte Architekturbüros gelten jedoch nicht als Topadresse für den Bau eines preiswerten 100 m² Hauses.

In aller Regel sind es Bauherren mit gehobenen Ansprüchen und individuellen Vorstellungen, die sich an einen Architekten wenden. Dabei ist es wichtig, dass sich beide auf ungefähr gleicher Wellenlänge befinden. Fast jeder Architekt wird im Lauf der Zeit eine Art persönlichen Stil entwickeln. Von dem wird so mancher nicht abweichen. Das kann auf mangelnde Flexibilität zurückzuführen sein. Es kann aber auch sein, dass sich der Betreffende nicht verbiegen lassen und nichts bauen möchte, zu dem er nicht auch stehen kann. Eine solche Haltung kann durchaus Respekt verdienen.

Ob man zusammenpasst, sollte bereits nach dem ersten Gespräch, spätestens nach dem ersten Entwurf klar sein. In diesem Stadium ist es für keine Seite eine Schande festzustellen, dass die Vorstellungen zu weit auseinandergehen, und eine Fortsetzung der Zusammenarbeit wenig vielversprechend ist.

In der Praxis muss man allerdings feststellen, dass mancher Architekt dazu neigt, den Bauherren seine Ideen aufzuzwingen und mancher Bauherr zu wenig imstande ist, seine Vorstellungen zu artikulieren. Zuhören ist eine Kunst, die beide Seiten oft vermissen lassen. Je länger ein solcher Prozess dauert, desto schmerzlicher wird die Trennung. Sie ist aber immer noch besser, als ein gemeinsamer Hausbau, an dem keine Partei dann so rechte Freude haben wird.

Bei Architekten ist es genauso wie bei Anwälten und Ärzten: Es gibt gute und weniger gute. Ob Sie das gesamte Projekt Hausbau mit einem bestimmten Architekten durchführen, sollte nicht zuletzt davon abhängen, ob Sie überhaupt einen kennen, den Sie für sich persönlich geeignet halten. Er sollte auch über die nötige Zeit verfügen. Ihnen ist nicht damit geholfen, wenn Ihr Kandidat zwar die besten Empfehlungen hat, er den Job aber dem gerade eingestellten Uniabsolventen überträgt, damit sich der seine Sporen verdienen kann. Solches oder ähnliches Verhalten ist eine Unsitte, die immer mehr um sich greift. Sie sollten daher von Anfang an klarmachen, und dies auch vertraglich festlegen, dass Sie von einer persönlichen Betreuung ausgehen.

Ideal ist es, wenn Sie im Bekanntenkreis jemanden haben, der mit einem bestimmten Architekten bereits positive Erfahrungen gemacht hat. Sehen Sie sich vielleicht einige gebaute Häuser an, und sprechen Sie mit den Bewohnern. Wenn alles positiv ist, steht einer Beauftragung nichts im Weg.

Wir betrachten die Architektenbauweise als durchaus ernst zu nehmende Alternative zum schlüsselfertigen Bauen oder Kauf vom Bauträger. Im gehobenen Bereich sehen wir die Bauweise sogar preislich als die bessere Möglichkeit zum Fertighaus. Für viele Aufgaben rund um den Bau oder Kauf eines Hauses können Architekten wertvolle Helfer und Ratgeber sein. Sie werden ihm daher noch an vielen Stellen dieser Webseite begegnen.


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