Grundlagenwissen Eigenleistungen
„Muskelhypothek“ kann Eigenkapital ersetzen +++ Baukosteneinsparung manchmal geringer als erwartet +++ Gefahr, sich mit Eigenleistungen zu übernehmen +++ Kosteneinsparung ist von vielen Faktoren abhängig +++ Glanz und Elend liegen oft nah beinander +++
· Eigenleistungen können sich in doppelter Hinsicht lohnen
· dazu ist Geschick und optimale Planung erforderlich
· Für Selbermacher sind Leistungen interessant, die einen hohen Lohnanteil haben und die technisch nicht zu anspruchsvoll sind.
· Einsparung bei Malerarbeiten am höchsten, da Lohnanteil bei rund 70 %
· Häufig vergessen: Rüst- und Einarbeitungszeiten
· Häufiger Rechenfehler: keine Bewertung der eigenen Arbeitszeit
· Ein Zuviel an Eigenleistungen ist oft der Hauptgrund, wenn Termine und Kostenvorgaben aus den Fugen geraten
· Eigenleistungen können richtig Spaß machen
· Durch Eigenleistungen ist der Bauherr nah am Geschehen
· Der eigene Einsatz erlaubt mehr Flexibilität.
Wenn nachfolgend von Eigenleistungen die Rede ist, so sind darunter Leistungen zu verstehen, die Sie selbst ausführen, bzw. mit Hilfe von Verwandten oder Bekannten. Wenn Leistungen „bauseitig“ zu erbringen sind – eine Formulierung, die häufiger in Bauträgerverträgen oder entsprechenden Zusatzvereinbarungen zu finden ist – wird die Leistung entweder von Ihnen selbst erbracht oder aber von Ihnen in Auftrag gegeben.
Wer in jungen Jahren und mit nur wenig Eigenkapital baut, dem bleibt häufig nur die Möglichkeit, die Baukosten durch Eigenleistungen in Grenzen zu halten. In ländlichen Gebieten ist es noch heute üblich, dass die Verwandtschaft oder der Sportverein beim Hausbau mit Hand anlegt. Allerdings ist das nicht jedermanns Sache, sich umgekehrt das nächste Jahrzehnt bei den Helfern zu revanchieren.
Eigenleistungen können sich für Bauherren in doppelter Hinsicht lohnen:
- Es werden Baukosten eingespart.
- Kreditgeber akzeptieren die „Muskelhypothek“ als Eigenkapitalersatz.
Üblicherweise wird eine Einsparung in der Größenordnung von 15.000 € bis 30.000 € angepeilt. Dabei übersehen Bauherren gerne:
Sehr vieles am Bau kann auch von Laien bewerkstelligt werden. Allerdings nicht mit dem Zeitaufwand, den ein Fachmann braucht. Wer einzelne Arbeiten selbst noch nie ausgeführt hat, braucht eine gewisse Einarbeitungszeit. Bei manchen Leistungen, etwa dem Fliesenlegen, stellt sich erst dann eine gewisse Routine ein, wenn die Arbeiten bereits weitgehend fertiggestellt sind.
Ein Fliesenleger braucht z. B. für 1 m² Fliesen inklusive erforderlicher Vorarbeiten, Verlegen und Verfugen 25 Minuten bis 30 Minuten. Das traut sich auch so mancher Laie zu, muss aber oft schnell feststellen, dass die eigenen Fähigkeiten überschätzt und der Zeitbedarf unterschätzt wurde. Gerade die Nebenarbeiten werden meist nicht ausreichend berücksichtigt. Wenn dann etwas schief geht und am Ende doch der Profi ran muss, ist nicht nur nichts gespart, es wird sogar erheblich teurer.
Für Selbermacher sind Leistungen interessant, die einen hohen Lohnanteil haben und die technisch nicht zu anspruchsvoll sind. Speziell Büroarbeiter neigen jedoch dazu, die Anforderungen, die handwerkliche Arbeit stellt, zu unterschätzen. Sehen wir uns einmal die Leistung an, die am häufigsten selber erledigt wird, die Malerarbeiten.
Baufachleute wissen, dass ein guter Maler am Ende Gold wert sein kann. Kleinere Mängel oder Unsauberkeiten vorangegangener Gewerke kann er problemlos in Ordnung bringen. Werden die Malerarbeiten schlecht oder schlampig ausgeführt, sieht das nicht nur unschön aus, es kann auch erhebliche Folgekosten nach sich ziehen. Oft sind die Vorarbeiten wichtiger und haben auch einen höheren Zeitbedarf als die Hauptarbeiten. Wer hier an Zeit und Material spart, etwa durch mangelnde Abdeck- oder Abklebearbeiten oder wer ungeeignetes, billiges Klebeband verwendet, zahlt schnell drauf. Der Zeit- und Kostenaufwand, der erforderlich ist, um unzureichende Vorarbeiten wieder wettzumachen, ist oft ein Vielfaches des zuvor Ersparten. Wer schon mehrere Wohnungen malermäßig renoviert hat, weiß das in der Regel. Wer sich zum ersten Mal an Malerarbeiten versucht, wird nicht selten Lehrgeld bezahlen.
Bei der Auswahl und dem Einkauf des Materials sieht es ähnlich aus. Wer mit einer Sonderangebotsfarbe vom Discounter versucht, seine Innenwände zu streichen, wird diesen Entschluss vermutlich bereuen. Bei hochwertigen Farben genügt oft ein Vor- und Deckanstrich. Mit Billigfarben können Sie unter Umständen drei- bis viermal streichen und haben immer noch kein befriedigendes Ergebnis.
Wer also mit mangelndem Fachwissen und zu wenig handwerklichem Geschick an eine Eigenleistung herangeht, wird am Ende nicht selten die bittere Erfahrung machen, dass unter dem Strich rein gar nichts gespart wurde.
Bei den Malerarbeiten ist am meisten einzusparen, da hier der Lohnanteil bei rund 70 % liegt, und die Materialdisposition keine hohen Anforderungen stellt.
Bei Bodenbelagsarbeiten sieht das ganze etwas anders aus. Wenn Sie in einem Kellerraum einen PVC-Bodenbelag selbst verlegen wollen, können Sie nicht allzu viel falsch machen. Für das Verlegen des Belags werden Sie rund dreimal so lange brauchen wie der Profi, für die Randleisten rund fünfmal so lange. Wenn etwas schiefgeht, ist nicht allzu viel kaputt.
Wenn Sie allerdings Fertigparkett selber verlegen möchten: Bei Materialkosten von 40 € bis 60 €/qm sollten Sie sich keine groben Fehler leisten. Aus diesem Grund benötigen Laien meist eine gewisse Zeit der „mentalen Vorbereitung“. Alles will gut überlegt sein, damit am Ende nichts schief geht. In der Zeit hat der Profi die halbe Arbeit oft schon erledigt.
Dazu ein Preisbeispiel: Das Verlegen von Fertigparkett kostet rund 15 €/qm. Bei 100 m² sind das also rund 1.500 €, die sie einsparen können, von denen Ihre Arbeitszeit abgeht aber eventuell auch der Mehrpreis beim Materialeinkauf und das Risiko von Fehlern. Wenn Sie all das nüchtern durchrechnen, werden Sie nicht selten zu dem Schluss kommen, dass sich das Ganze nicht lohnt.
Bauherren begehen oft einen fatalen Rechenfehler, wenn sie die eigene Arbeitszeit mit Null bewerten. Das ist eine ökonomisch sehr unsinnige Betrachtungsweise und dient in keiner Weise dazu, das Ergebnis des Projekts Hausbau zu optimieren. Wir werden solchen Betrachtungsweisen bzw. Milchmädchenrechnungen noch öfter begegnen.
Bleiben wir bei dem Beispiel Bodenbelagsarbeiten bzw. den 100 m² Parkett.
Wenn Sie die Leistung vom Fachmann ausführen lassen und er Ihnen ein anständiges Angebot gemacht hat, werden darin alle erforderlichen Nebenleistungen enthalten sein, die Sie vielleicht nicht auf der Rechnung haben:
- · Transport
- · Transportrisiko
- · Verschnitt
- · Fehlmengenrisiko
- · Untergrundvorbereitung
- · Materialrisiko
- · Randleisten
Der Profi kauft das Material mit entsprechendem Rabatt ein. Je nachdem, wie er seine Kalkulation aufbaut, wird mindestens ein Teil des Materialrabatts im Angebot berücksichtigt sein. Ein indirekter Rabatt entsteht oft dadurch, dass Verschnitt nicht gesondert berechnet wird. All das entfällt, wenn Sie das Material selber kaufen. Falls Sie sich verrechnen oder zu wenig bestellen, kann das sehr unangenehme Folgen haben, wenn zum Beispiel das Material nicht mehr ab Lager lieferbar ist, oder noch schlimmer, gar nicht mehr verfügbar ist.
Als Minimum aber werden Sie eine zeitliche Verzögerung in Kauf nehmen müssen. In aller Regel wird daher zu viel Material eingekauft. Um bei unseren 100 m² zu bleiben: Bei einem Materialpreis von 50 €/qm werden die relativen Mehrkosten, Mehrmengen und Verschnitt rund 750 € ausmachen. Damit ist die Hälfte der erhofften Kosteneinsparung schon weg, bevor Sie überhaupt mit der Arbeit begonnen haben.
Wir wollen in unsere weiteren Überlegungen nicht einfließen lassen, dass Sie vermutlich die Arbeiten nicht ganz so sauber hinbekommen werden wie der Profi. Wir wollen auch das Risiko nicht an die Wand malen, dass Sie bei Ihrer Arbeit etwas vermurksen., Wobei Sie diesen Aspekt nicht unterschätzen sollten. Wir gehen einfach einmal davon aus, dass es Ihnen gelingt diese 100 m² Parkettboden, auch wenn Sie so etwas zum ersten Mal probieren und Ihnen im normalen Arbeitsleben ausschließlich Telefon und Computer als Arbeitsgeräte vertraut sind, fachgerecht zu verlegen.
Für das Verlegen von 100 m² Parkett wird der Profi rund 35 Stunden benötigen. Ihren Optimismus in Ehren, aber Sie werden ungefähr die dreifache Zeit, also rund 100 Stunden brauchen. Damit lässt sich dann auch einfacher rechnen: Trotz aller noch gar nicht berücksichtigten Risiken kommen Sie damit auf einen Stundenlohn von 7,50 €. Das ist weniger als der gesetzliche Mindestlohn. Wir gehen davon aus, dass Sie in Ihrem Beruf um einiges mehr verdienen, denn ansonsten könnten Sie sich keinen Hausbau leisten.
Das gewählte Beispiel ist in zwei Punkten unrealistisch:
1. Das Risiko, dass etwas schief geht, ist nicht berücksichtigt.
2. Beim Bau mit Bauträgern oder Generalübernehmer werden Sie, speziell wenn Sie Eigenleistungen erst im Nachhinein vereinbaren, nicht den vollen Marktpreis als Gutschrift erhalten.
Wenn Sie zum Beispiel nur 10 % weniger bekommen, was bei nachträglichen Vereinbarungen sogar optimistisch ist, bleibt Ihnen am Ende kein Cent Einsparung. D.h., Sie mühen sich 100 Stunden an Ihrem Bau, haben am Ende ein vermutlich schlechteres Ergebnis als bei Profiarbeit und das ganze für nichts und wieder nichts.
Bauherren, die in eigener Regie bauen, gehen natürlich weniger Risiko ein, bei Eigenleistungen am Ende noch drauf zu zahlen. Aber auch sie laufen Gefahr, sich mit Eigenleistungen zu übernehmen und dabei wenig rationale, unökonomische Entscheidungen zu treffen.
Einige Beispiele aus der Praxis:
- Der Bauherr ist selber Elektroingenieur: Er macht die Elektroarbeiten in Eigenleistung und muss am Ende feststellen dass allein der Materialeinkauf wegen fehlender bzw. geringerer Materialrabatte das gleiche gekostet hat, wie die fix und fertige Leistung durch den Elektriker.
- Parkett selber verlegt: Falsche Materialauswahl (Parkettsorte, Kleber). Dadurch keine Eignung für Fußbodenheizung. Parkett wirft sich. Muss komplett ausgetauscht werden. Schaden ca. 12.000 €.
- Ausgussbecken im Keller: Normzeit für die Montage ca. 12 Minuten. Gekauft im Baumarkt. Ersparnis 50 €. Zeitaufwand: Ein kompletter Samstag mit zwei zusätzlichen Baumarktbesuchen für fehlende Montageteile, die extra gekauft werden mussten. Dadurch tatsächlich Ersparnis nur Euro 25 bei 8 Stunden verlorener Zeit.
Damit wir uns richtig verstehen: Hier soll nicht generell vor Eigenleistungen gewarnt werden. Es gibt begabte Handwerker aus allen Berufen, die auch bereits Erfahrung und Routine haben, und in vielerlei Hinsicht professionellen Handwerkern kaum nachstehen. Selbst die neigen dazu, sich zu überschätzen und vergessen, dass der Tag nur 24 Stunden hat. Wird am Ende der Bau verzögert, schmilzt – trotz oft immensem eigenen Zeitaufwand – die Kostenersparnis dahin wie der Schnee in der Sonne. Wer keine oder wenig Erfahrung hat, sollte vielleicht maximal die Malerarbeiten in Eigenleistung machen, aber auch nur dann, wenn bereits Erfahrung vorhanden ist.
Beim Projekt Hausbau werden Sie in vielerlei Hinsicht gefordert. Sie sind Manager und Entscheidungsträger. Je mehr Sie sich mit „untergeordneten“ Tätigkeiten verzetteln, desto weniger Zeit werden Sie haben, sich um die wichtigen Aufgaben zu kümmern. Ein Zuviel an Eigenleistungen ist daher bei vielen Bauvorhaben der Hauptgrund, wenn das Projekt scheitert, d.h. Termine und Kostenvorgaben aus den Fugen geraten.
Wenn Sie realistisch kalkulieren, können Sie kaum mehr als 20 € je Stunde einsparen. Das setzt aber voraus, dass Sie Helfer haben, also Freunde oder Bekannte Ihnen zur Hand gehen. Wenn Sie als Einzelkämpfer antreten, geht unglaublich viel „Rüstzeit“ verloren. Wenn Sie z. B. am Abend noch zwei Stunden am Bau arbeiten und keine Helfer haben, sei dies kurz erläutert an einem typischen Beispiel Fliesenarbeiten:
Sie kommen von der Arbeit, müssen sich umziehen, fahren zur Baustelle, mischen den Kleber an, warten die vorgeschriebene Zeit und quirlen ihn durch. Die erste Stunde ist auf diese Art bereits verloren. Nach 2 Stunden Arbeit das ganze rückwärts: Arbeitsgeräte sauber machen, aufräumen, umziehen, nach Hause fahren. Für ganze zwei Stunden Arbeit mussten Sie vier Stunden Zeit aufwenden. Die 20 € Ersparnis pro Arbeitsstunde schmilzt auf diese Art auf ganze 10 €.
Sinnvoller wäre es beispielsweise einen Samstag am Stück mit ausreichend Helfern zu arbeiten. Idealerweise versteht mindestens einer davon etwas vom Fach. So sieht man, dass tatsächlich etwas vorwärts geht und die Ersparnis pro Arbeitsstunde erreicht in der Regel sogar deutlich höhere Werte als die genannten 20 €.
Ob und wie viel mit Eigenleistung eingespart werden kann, ist also von vielen Faktoren abhängig. Unter anderem auch wie Eigenleistungen organisiert werden, vom Materialeinkauf bis zum Ablauf.
Allen Warnungen und Unkenrufen zum Trotz gibt es noch einen Aspekt, der schon einen Zahnarzt zum Eigenbau einer Sauna bewegt hat:
Es kann so richtig Spaß machen, am eigenen Haus selbst mitzuarbeiten, den Bauablauf hautnah mitzuerleben und mitzugestalten. So mancher Bauherr hat bei der Ausführung von Eigenleistungen am eigenen Haus nicht nur sehr viel gelernt, sondern würde die dabei gemachten Erfahrungen und Erlebnisse nicht missen wollen.