Immobilien fotografieren – die Ausrüstung
+++ Objektiv wichtiger als Kamera +++ ein paar „Geheim“-Tipps, mit denen sich viel Geld sparen lässt +++ großer Unterschied ob außen oder innen +++ auch ohne Stativ zu professionellen Aufnahmen +++ am Ultraweitwinkel führt kein Weg vorbei +++ Vorteile des Stabilisators +++ die beste Kamera gibt es nicht +++ mit dem optimalen Objektiv zu professionellen Aufnahmen +++
- Wenig empfehlenswert: Handys und Kompaktkameras
- Welche Kameras sind geeignet?
- Nicht hilfreich: Glaubenskriege um die beste Marke
- Objektivwahl im Vordergrund
- Ein ideales Objektiv für Immobilienaufnahmen – APS-C
- Vorteilhaft: das Schwenkdisplay
- Professionell: das Vollformat
- Ein optimales Objektiv für Immobilienaufnahmen – Vollformat
- APS-C-Objektiv an Vollformat-Kamera – Macht das Sinn?
- Tipps für die Immobilienfotografie
- Die momentan ultimative Kamera für die Immobilienfotografie
Wenig empfehlenswert: Handys und Kompaktkameras
Die Fotoszene ist im Umbruch. Handys verdrängen zunehmend die Kompaktkameras, während Spiegelreflex- und Systemkameras fast nur noch bei ambitionierteren Fotografen zu finden sind.
Geschätzte 70 % aller Immobilien-Fotos entstehen mit den Kompakten und Handys. Wer die Fotos auf den Immobilien-Plattformen und in diversen Exposés kritisch betrachtet, wird schnell feststellen, dass diese Zahl nicht zu hoch gegriffen ist. Dieses Kamera-Genre ist jedoch ziemlich ungeeignet für die Immobilienfotografie. Deren Verwendung zeigt nur die Bequemlichkeit ihrer Benutzer. Natürlich spart der Einsatz solcher Kameras Aufwand und ist billig. Aber genauso wirkt eine damit produzierte Präsentation von Immobilien.
Solche Kameras sind dafür geeignet, Personen oder Landschaften zu fotografieren. Was aber Immobilien angeht: Für Außenaufnahmen sind sie nur bedingt geeignet. Für hochwertige Innenaufnahmen sind sie aufgrund Brennweite und Lichtschwäche (die Brennweite eines Handys entspricht etwa 29 mm Kleinbild) völlig indiskutabel.
Welche Kameras sind geeignet?
Grundsätzlich sind das Kameras, bei denen sich das Objektiv wechseln lässt. Sie verfügen generell auch über diverse Einstellmöglichkeiten, die dem Fotografen das Leben leichter und das Ergebnis besser machen.
Nicht hilfreich: Glaubenskriege um die beste Marke
Es sollte nicht um eine Marke, sondern die Ausrüstung an sich gehen. Womit lässt sich vernünftig arbeiten, und was ist optimal? Im Internet werden von Fotoamateuren zahllose Glaubenskriege um die beste Kameramarke geführt. Wir beschäftigen uns hier mit professioneller Immobilienfotografie, nicht mit Pixel-Peaking. Unsere Klientel erwartet Antworten auf die Anforderungen der täglichen Praxis.
Vom System her kommt eigentlich nur eine digitale Spiegelreflex- oder Systemkamera infrage. Wegen der Objektivwahl ist eine Entscheidung zwischen den Marken Canon, Nikon und Sony sinnvoll.
Objektivwahl im Vordergrund
Wir stellen aus guten Gründen die Objektivwahl in den Vordergrund. Für Innenaufnahmen empfiehlt sich ein Ultra-Weitwinkelzoom. Bei Innenaufnahmen können Sie den Standort nicht beliebig verändern. Festbrennweiten bieten für diesen Anwendungsbereich keinen erkennbaren Qualitätsvorteil. Sie bräuchten mindestens drei Objektive (bezogen auf Kleinbildformat z. B. 16 mm, 20 mm und 24 mm), und am besten zwei Kameragehäuse, um nicht laufend wechseln zu müssen. Kurzum: Der damit verbundene Mehraufwand beim Fotografieren und die Mehrkosten machen wenig Sinn.
Es gibt sicher sehr ansprechende Micro-Four-Thirds-Kameras. Wir lassen sie mangels geeigneter Objektive aber außen vor. Somit bleiben das APS-C bzw. DX-Format und das frühere Kleinbild-Format mit ca. 24 mm × 36 mm, dem man den werbewirksamen Namen „Vollformat“ verliehen hat.
Der Sensor der Vollformat-Kameras ist ca. 2,5 mal größer als der Crop-Kameras (APS-C, DX). Sie brauchen entsprechend größere Objektive. Bei den kleineren Sensoren verlängert sich die auf das Kleinbild bezogene Brennweite um den Faktor 1,6 (Canon) bzw. 1,5 (Nikon, Sony). Auf weitere Unterschiede wie etwa die Tiefenschärfe wollen wir hier nicht weiter eingehen.
Ein ideales Objektiv für Immobilienaufnahmen – APS-C
Die Crop-Kameras haben aktuell die größte Verbreitung. Entsprechend groß, ja fast unübersichtlich, ist das Objektivangebot. Für unseren Zweck sind jedoch nur wenige Objektive geeignet. Sie stammen sowohl von den Kamera- als auch den reinen Objektivherstellern (z.B.Sigma, Tamron, Tokina). Ein Objektiv ragt aus dieser Gruppe deutlich heraus. Ihm kann bei den für die Immobilienfotografie wichtigsten Eigenschaften (Verzeichnungsfreiheit, Schärfe bis zum Rand, Vignettierung) kaum ein anderes das Wasser reichen. Zusätzlich hat es ein überragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Es ist das
Canon EF-S Weitwinkel Zoomobjektiv 10-18 mm – F/4,5-5,6 IS.
Es kostet trotz Bildstabilisator nur unglaubliche 230 € (Straßenpreis 9/19). Das im Prinzip gleiche Objektiv (10-18mm) gibt es von Sony für ca. 850 €, in einer qualitativ ähnlichen Kategorie liegt das Nikon (10-20 mm) mit etwas über 1000 €.
Mit Adapter kann das Canon-Objektiv auch in einer spiegellosen Sony verwendet werden. Gewisse Einschränkungen müssen jedoch in Kauf genommen werden. Wer sie vermeiden will, greift zum Canon-Originalgehäuse und hat noch den Vorteil der Objektivkorrektur bei JPEG-Aufnahmen direkt in der Kamera. (Warum wir Raw-Aufnahmen nur als Back-up oder in besonderen Situationen empfehlen finden Sie >>> hier.)
Vorteilhaft: das Schwenkdisplay
Die Canon-Gehäuse der Mittelklasse bieten den Vorteil eines Schwenk-Displays. Mit ihnen kann im sog. Life-View problemlos in Bauchhöhe fotografiert werden, so wie zu Filmzeiten mit den Mittelformatkameras (Hasselblad u.ä.). Für Innenaufnahmen ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil, da Weitwinkelobjektive insbesondere Ultra-Weitwinkelobjektive stark verzerren, besonders wenn sie verkantet werden. Und verkantet werden sie automatisch, wenn in Augenhöhe aufgenommen wird. Die optimale Höhe ist die mittlere Raumhöhe, im Regelfall ca. 1,25 m. (Zusätzliche Tipps finden Sie hier (Link!))
Welches Gehäuse genau verwendet wird, ist für die Bildqualität nicht entscheidend. Auch mit sogenannten „Einsteigerkameras“ wie zum Beispiel der Canon 250d lassen sich hervorragende Bilder machen, wobei sich diese Kamera auch ideal zum Filmen eignet. Wer mehr Möglichkeiten und Aufnahmekomfort wünscht, greift zur neuen 90d, muss dafür aber rund das dreifache ausgeben.
Professionell: das Vollformat
Wer es gern professioneller hätte, muss zum Vollformat greifen. Die derzeit beste Alternative (in punkto Preis. Leistung und Objektivangebot) kommt wieder aus dem Hause Canon mit der spiegellosen Canon RP. Das ca. 1000 € teurere Schwestermodell Canon R bringt unter dem Strich keine nennenswerten Vorteile.
Die RP hat gegenüber den APS-C Kameras deutlich die Nase vorn. Sie hat Vollformat, und das ist ein deutliches Plus bei ungünstigen Lichtverhältnissen. Man kann mit ihr aber auch Objektive aus drei Canon-Objektiv Reihen zu verwenden. Der Preis liegt momentan nicht wesentlich über der einer 90d. Nur bei der Canon R-Reihe können auch die Objektive für die Crop-Kameras verwendet werden, also auch das oben genannte 10-18 mm. Dabei geht zwar die Auflösung zurück. Wir konnten jedoch die Erfahrung machen, dass die Ergebnisse mit dieser Vollformatkamera bei wenig Licht trotzdem deutlich besser sind, als zum Beispiel mit der 80d, der Vorgängerin der 90d.
Ein optimales Objektiv für Immobilienaufnahmen – Vollformat
Was die Professionalität angeht wird die Canon RP über jeden Zweifel erhaben, wenn sie mit einem echten Vollformatobjektiv kombiniert wird. Hier findet sich wiederum aus dem Canon-Regal eine Linse, an die nahezu nichts heranreicht, nämlich das
Canon EF 16mm ‑ 35mm f4 IS.
Das Objektiv hat noch ein lichtstärkeres Schwestermodell mit f 2,8. Dieses Objektiv kostet gut das Doppelte, ist aber für Immobilienaufnahmen weniger geeignet, da es über keinen Stabilisator verfügt. Unter dem Strich entsteht damit sogar ein Nachteil von drei Blendenstufen, und das bei minimal geringerer Bildqualität.
Alternativen gibt es sowohl bei Canon als auch bei den anderen Herstellern. Vom Preis-Leistungs-Verhältnis sind jedoch die genannten Kombinationen kaum zu schlagen. Sie reichen für eine komplette Ausrüstung von etwa 600 € (Canon 250d) bis ca. 3500 €.
APS-C-Objektiv an Vollformat-Kamera – Macht das Sinn?
Die Vollformatkamera Canon RP könnte fürs erste mit dem 10-18 mm Weitwinkelzoom kombiniert werden; eine Empfehlung, für die uns Fotoenthusiasten wahrscheinlich steinigen werden. Im Gegensatz zu denen haben wir diese Kombination aber im praktischen Einsatz getestet und finden Sie absolut akzeptabel, mit sogar klaren Vorteilen bei wenig Licht gegenüber der Canon-Mittelklasse. Und weil wir schon dabei sind: Für Außenaufnahmen bei schönem Wetter – bei schlechtem können Sie sich die Arbeit ohnehin sparen – genügt ein preiswertes Kit-Objektiv. Einen Unterschied werden sie weder beim Ausdruck (wenn Sie nicht mehr als Plakatgröße brauchen), und schon gar nicht bei digitalen Medien bemerken.
Tipps für die Immobilienfotografie
Diese Tipps sind keineswegs als Herstellerempfehlung aufzufassen. Wir wissen sehr wohl, dass es auch andere durchaus hervorragende Produkte gibt. Wer bereits über ein Kameraset verfügt, oder seine Vorlieben hat, sollte das natürlich in seine Überlegungen einfließen lassen. Unsere Überlegungen hier beschränken sich auf die Immobilienfotografie.
Die momentan ultimative Kamera für die Immobilienfotografie
Wer 8K-Video zu brauchen glaubt, möge ruhig zur über 4000 € teuren Canon R5, greifen. Für Normalzwecke ist diese Kamera völlig überdimensioniert, es sei denn, Sie möchten überlebensgroße Plakate ausdrucken. Für Immobilienzwecke wesentlich sinnvoller ist die „kleine Schwester“, die Canon R6. Sie bietet eine Kombination aus Bildstabilisierung im Objektiv und zusätzlich in der Kamera. Hinzu kommt ein erheblich erweiterter ISO-Bereich.
Man lasse sich von den „nur 20 Megapixeln“ nicht täuschen. Der Auflösungsunterschied etwa zu einer 32-Megapixel-Kamera ist relativ gering (viel weniger als die Zahlen vermuten lassen würden) und in der Praxis nicht feststellbar. Er würde sich erst bei aberwitzig großen Ausdrucken bemerkbar machen. Tatsächlich ist die Bildqualität dieser Kamera überragend, und für unseren Anwendungsbereich sogar der R5 überlegen.
Wie gut die Kamera ist, zeigt ein Vergleich mit früheren Modellen: Die Kombination aus interner Bildstabilisierung (IBIS) und erweitertem ISO-Umfang (bis ISO 25600 völlig problemlos) bringt einen Gewinn von insgesamt zusätzlichen 5-6 Blendenstufen. Damit lassen sich selbst Aufnahmen unter schwierigsten Lichtverhältnissen, etwa eine Innenaufnahme bei Kerzenlicht, problemlos aus der Hand machen. Wer es noch extremer möchte, fotografiert zwei Stufen unterbelichtet (natürlich in Raw). Der hohe Dynamikumfang der Kamera macht dies, und sogar noch mehr, möglich. In Verbindung mit einem geeigneten Objektiv ergibt sich ein Vorteil von unglaublichen 10 Blendenstufen. Das macht nicht nur unabhängig vom Stativ, sondern gibt dem Fotografen auch erheblich mehr Spielraum. So lassen sich z.B. vorhandene Lichtverhältnisse uneingeschränkt nutzen. Gleichzeitig kann das Objektiv auf bestmögliche Abbildungsqualität und Tiefenschärfe abgeblendet werden (in der Regel 2-3 Blendenstufen).
Was Workflow, fotografische Möglichkeiten und Abbildungsqualität angeht, kennen wir, speziell in Verbindung mit dem oben erwähnten 16mm-35 mm-Objektiv, keine bessere Kamera für die Immobilienfotografie als die Canon R6. Dennoch dürfte sie eher etwas für Immobilienprofis sein, da die o. g. Grundausstattung bereits mit 3500 € zu Buche schlägt.
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir mit keinem Hersteller in irgendwelcher Geschäftsbeziehung stehen und eventuelle Empfehlungen neutral ohne jegliches Geschäftsinteresse erfolgen.