Schlüsselfertiges Bauen
+++ die beliebtesten Bauweise +++ Ideal für Bauherrn mit wenig Zeit oder Erfahrung +++ ein dehnbarer Begriff +++ selten alle Leistungen enthalten +++ auf die Baubeschreibung kommt es an +++ große Unterschiede in der Leistung +++ schwarze Schafe vermeiden +++
- Ein Festpreis ist nur so gut wie der vereinbarte Leistungsumfang.
- Meist nicht enthalten: Erschließung, Hausanschlüsse, Erdarbeiten, Außenanlagen.
- Baubeschreibungen bieten oft nur Mindeststandards.
- Fehlende Leistungen und Sonderwünsche werden meist teuer.
- Fallen Sie nicht auf vollmundige Versprechungen herein!
- Das Vergleichen von Angeboten ist harte Arbeit.
- Entscheiden Sie nicht „aus dem Bauch“!
- Lücken im Leistungsumfang rechtzeitig erkennen
- Leistungsergänzungen sollten vor Vertragsabschluss vereinbart werden.
- Rechnen Sie rückwärts – aber realistisch!
- Vermeiden Sie teure Nachfinanzierungen!
Der Begriff „schlüsselfertiges Bauen“ weckt Assoziationen, die mit der Wirklichkeit meist wenig zu tun haben. Mancher, der „schlüsselfertig zum Festpreis“ baut, lehnt sich gedanklich im Sessel zurück, und sieht. sich wenige Monate später den Schlüssel im Schloss drehen und ein perfekt ausgestattetes und gestaltetes Domizil betreten. Mehrkosten, Behördenärger, Mängel: all das betrifft ihn nicht.
Es gibt Bauherren, die ihr Budget planen, indem sie den Grundstückspreis und den Prospektpreis für das Haus addieren und vorausschauend noch 2.500 € für eine neue Küche vorsehen.
Bei einem Finanzierungsgespräch haben in früheren Zeiten die Banken solche Träumer schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Bei Internet-Finanzierungen ist dies nicht sichergestellt.
Mit dem Begriff „schlüsselfertiges Bauen“ wird viel Schindluder getrieben. Es gibt Anbieter, die es schaffen, keine 70 % des bezugsfertigen Zustands als „schlüsselfertig“ zu verkaufen. Das ist eine – nicht die einzige – Erklärung, warum nicht selten die vermeintlich billigsten Anbieter am Ende die teuersten sind.
Im Regelfall liefern Sie das Grundstück, Ihr Generalübernehmer (umgangssprachlich gern Bauträger genannt) errichtet darauf ein Gebäude. Das eröffnet einen weiten Interpretationsspielraum: Wo beginnt die Leistung Ihres Baupartners und wo hört sie auf? Eine zentrale Bedeutung kommt der Baubeschreibung zu. Wir werden deshalb in einem eigenen Beitrag ausführlich darauf eingehen.
Es sollte Ihnen klar sein, dass es auf dem Weg zum fix und fertigen bzw. bezugsfertigen Haus (das ist ein Unterschied!) zwei Schnittstellen gibt. An beiden lauern nicht unerhebliche Mehrkosten für Leistungen, die weder das Grundstück bzw. den Grundstücksankauf, noch die Bauleistung gemäß Leistungsbeschreibung des Bauträgers betreffen.
Wenn Sie ein „voll erschlossenes“ Grundstück kaufen, bedeutet das nicht unbedingt, dass keine Erschließungskosten mehr anfallen. Was praktisch immer auf Sie zukommt, sind die Hausanschlusskosten, die nichts mit den Erschließungskosten zu tun haben. Dann wären da noch die Kanal- und Entwässerungsarbeiten. Wenn kein Revisionsschacht auf dem Grundstück liegt, muss dieser eventuell auf eigene Kosten an den Straßenkanal angeschlossen werden – keine ganz billige Aktion.
Wenn alle Architekten- und Ingenieurleistungen im Festpreis enthalten sind – was nicht immer der Fall ist – kommt eine richtige Kostenfalle ganz harmlos daher. sie nennt sich Erdarbeiten. Manche Anbieter lassen sie von vorneherein weg. Das Gemeine ist nur, dass dies in der Baubeschreibung nur schwer erkennbar ist. Unter dem wiederum harmlosen Begriff „bauseitige Leistung“ verbirgt die Fußangel: Vom Bauherrn selbst zu organisieren und zu bezahlen. Wir werden auf die einzelnen Kostenfallen noch ausführlich eingehen. Es schadet jedoch nichts, wenn Sie jetzt schon verstehen, dass die Formulierung in der Baubeschreibung „Sämtliche Erdarbeiten sind bauseitige Leistung“ bei Ihnen keine Begeisterung auslösen sollte. Nicht viel besser wäre: „Im Festpreis enthalten ist der Aushub und die seitliche Lagerung auf dem Grundstück. Eventuell erforderliche zusätzliche Erdarbeiten sind bauseitige Leistung bzw. werden nach tatsächlichem Aufwand abgerechnet“.
Wir sind jetzt einmal gemein und übersetzen diese Formulierung in ihre Bedeutung aus Sicht des „Bauträgers“:
„Es soll keiner sagen können, dass am Leistungsumfang etwas fehlt. Immerhin ist der Aushub enthalten. Das sieht nach viel Leistung aus, kostet uns aber nur rund 3 € bis 4 € pro Kubikmeter. Der große Vorteil ist, dass wir den Bauherren damit an der Kandare haben. Er kann für die fehlenden Vorleistungen, wie das Abschieben des Humus, schlecht selbst jemanden beauftragen. Außerdem ahnt er nicht, dass noch einiges auf ihn zukommt. Der Großteil des Aushubmaterials muss abgefahren und beseitigt werden. Das kostet allerdings ein Vielfaches des Aushubs. Meist reicht der Platz nicht zum Lagern des Hinterfüllmaterial aus. Dann muss abgefahren, zwischengelagert und wieder angefahren, bzw. bei ungünstigem Aushubmaterial Hinterfüllmaterial eigens gekauft werden. Dass eine wichtige Leistung, nämlich das Hinterfüllen und lageweise Verdichten der Arbeitsräume, die Grob- und die Feinplanie nicht enthalten sind, hat unser werter Bauherr ohnehin nicht bemerkt. Für die fehlenden Leistungen haben wir einen wunderbaren Freibrief erhalten – wir können „nach tatsächlichem Aufwand“ abrechnen. Wir werden das mit Freuden tun (und uns an den fehlenden Erdarbeiten eine goldene Nase verdienen).“
Wir haben Ihnen eingangs einige Zauberformeln versprochen. Machen Sie sich daher keine Sorgen! Sie erhalten ausreichend Tipps und Insiderinformationen, mit denen Sie die „Kostenfalle Erdarbeiten“ sicher vermeiden können.
Für Ihre Budgetplanung sollten Sie im Hinterkopf haben, dass die Bauleistung Ihres Baupartners in der Regel nicht oder nicht wesentlich über eine Bezugsfertigstellung hinausgehen wird. Meist sind keine Außenanlagen enthalten, falls doch, sollten Sie Ihre Erwartungen nicht zu hoch stecken. Zumindest müssen Sie nicht den Neid Ihrer Nachbarn um Ihre Garageneinfahrt aus formschönen Betonsteinen oder den hochwertigen, galvanisch verzinkten Maschendrahtzaun fürchten. Keine Bange, auch hier haben wir einige Zauberformeln der ganz besonderen Art für Sie. Sie werden erfahren, wie Sie nicht nur preiswert zu hochwertigen Außenanlagen kommen, sondern auch das Kräfteverhältnis zu Ihren Gunsten verschieben können.
Hauptproblematik des schlüsselfertigen Bauens ist und bleibt der vereinbarte Leistungsumfang. Die Vorstellungen der Anbieter gehen weit, wirklich sehr weit, auseinander. Es gibt löbliche Ausnahmen, aber wenn Sie den Tatsachen realistisch begegnen, sollten Sie von folgendem ausgehen:
Wenn nichts in der Leistungsbeschreibung steht, erhalten Sie genau das, nämlich nichts. Wenn eine Leistung nicht näher bezeichnet ist, erhalten Sie das Einfachste und Billigste, bzw. das, was nach den sog. „Regeln der Technik“ gerade noch durchgeht. Wenn Sie in der Baubeschreibung statt einer vernünftigen Erklärung Formulierungen finden wie „formschön“, „hochwertig“ und ähnliches sollten bei Ihnen die Alarmglocken klingeln.
Es gibt Baubeschreibungen, die könnten aus einem Satz bestehen, etwa: „Für die Ausführung des Bauvorhabens gelten die technisch zulässigen Mindeststandards“. Viele Baubeschreibungen enthalten tatsächlich nicht mehr. Manche haben 6 bis 8 Seiten Umfang, sind ansprechend bebildert und illustriert, aber es steht nichts drin, was über die Mindestanforderungen hinausgeht. Bei solchen Anbietern helfen auch keine Zauberformeln. Bis Sie zu Ihrem Wunschhaus kommen, werden Sie arm sein, Ihr Bauträger und das Finanzamt entsprechend reicher sein.
Das sollte nicht passieren und es wird Ihnen auch nicht passieren, wenn Sie sich an unsere Ratschläge halten. Das Know-how, speziell mit den Zauberformeln, präsentieren wir Ihnen auf dem silbernen Tablett. Mit Zauberformeln ist es jedoch wie mit Medizin: Sie müssen rechtzeitig angewandt werden, und sie wirken nicht bei jedem gleichermaßen. Wenn Sie den falschen Partner geheiratet haben, bringt auch die beste Eheberatung nicht mehr viel. Auf unsere Thematik bezogen bedeutet das: Das ganze Projekt Hausbau muss als System gesehen werden, bei dem ein Rad in das andere greift.
Mit der Wahl des Grundstücks, wie des Baupartners nehmen Sie die wichtigsten Weichenstellungen vor, die später nicht bzw. nicht mehr entscheidend korrigiert werden können. Was bringt es, einen baubegleitenden Gutachter zu rufen, wenn selbst Ihnen als Laien auffällt, dass die Wände krumm sind, und vielleicht auch sonst nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Auch der Fachmann wird Ihr Haus nicht mehr gesundbeten können.
Aus diesem Kapitel sollten Sie mitnehmen, dass das Bauen schlüsselfertig zum Festpreis nicht automatisch vor Baukostenüberschreitungen schützt. Diese können sogar sehr heftig sein. Bei dem garantierten Festpreis wird es beim schlüsselfertigen Bauen unter Garantie nicht bleiben, wenn Sie aufpassen – und zwar bereits bei Vertragsabschluss.
Jeder Festpreis ist nur so gut, wie der vereinbarte Leistungsumfang, vor allem nur insoweit zuverlässig, wie es auch Ihr Baupartner ist, für den Sie sich entschieden haben. Wer sich ohne Detailkenntnisse aus dem Bauch heraus für einen Anbieter entscheidet (der war ja soooo nett und hat versprochen, dass alles(?) im Preis enthalten ist), sollte sich später nicht wundern, wenn er auf die Nase fällt.