Häufig unterschätzt: Die Vertragspläne
- Sämtliche Planunterlagen in der aktuellen und letztgültigen Fassung müssen Bestandteil des Vertrags sein.
- Alle Abweichungen, Ergänzungen, Zusagen und Versprechungen müssen schriftlich fixiert werden.
- Seien Sie sorgfältig und nehmen Sie sich die nötige Zeit.
- Die Möglichkeit Ihre eigenen Interessen durchzusetzen, ist unmittelbar vor Vertragsabschluss am größten.
Sträflicher Leichtsinn
Mit fehlenden bzw. völlig unzureichenden Planunterlagen wird speziell im Kataloghausbereich viel Missbrauch getrieben. Im Bauträgerbereich ist es nicht viel besser.
Bei einem Einfamilienhaus sind die Außenabmessungen des Gebäudes maßgeblich. Je dünner die Wände, desto billiger wird das Bauwerk – die tatsächliche Wohnfläche ist daher nicht so entscheidend.
Bei einer Eigentumswohnung sieht das anders aus. In der Regel wird über den Quadratmeter Wohnfläche verkauft. Und da lassen sich nicht selten erhebliche Unterschiede zu dem Prospektangaben feststellen. Pläne in Katalogen, die oft als Anlage für Beurkundungen verwendet werden, haben häufig gar keinen Maßstab oder einen so kleinen, dass sie für Vertragspläne eigentlich nicht taugen. Bei solchen Plänen wird es später schwierig nachzuweisen, was tatsächlich versprochen bzw. verkauft wurde.
Den Vogel schießen gewisse Kataloghaus-Anbieter ab, die ihren Verträgen überhaupt keine Pläne beifügen, sondern lediglich Bezug auf ein Kataloghaus nehmen.
Hierzu ein Beispiel aus der Praxis[1]
Gekauft wurde der Haustyp Sonnenschein 123, Version ODA 924-849. Es handelt sich um eine Variante des Haustyps, der in der ursprünglichen Version 123 m² Wohnfläche hatte bei Außenmaßen von 9,99 m x 8,99 m. Die verkaufte Variante hat Außenabmessungen von 9,24 m x 8,49 m, was ohne Dachausbau eine Wohnfläche von 61,7 m² ergibt. Darauf muss man erst einmal kommen.
Bei näherem Hinsehen beginnt der Käufer ungläubig zu staunen:
Im Dachgeschoss sind überhaupt keine Wände vorgesehen (Dachausbau = Eigenleistung, ebenso die laut Baubeschreibung im Trockenbau auszuführenden Innenwände). Im Erdgeschoss sind nur die drei Tragwände vorgesehen, die nichttragenden Wände sind in der Basisversion nicht enthalten.
Das vermeintliche Schnäppchen wurde so schon vor Erstellung des Eingabeplanes zum wahren Albtraum als die Käufer erkennen mussten, auf was sie sich eingelassen hatten.
Wer ein Haus baut oder kauft, bei dem nicht einmal die Grundlagen der Planung festgelegt sind, dem ist eigentlich nicht zu helfen.
Was sind die Mindestanforderungen?
Ein absolutes Muss sind:
- genaue Grundrisspläne mit Flächenangaben
- Außenansichten von allen vier Himmelsrichtungen
Das wäre besser
Insbesondere wenn in der Leistungsbeschreibung nähere Angaben fehlen, sollten vorhanden sein:
- mindestens ein Gebäudeschnitt
- bei Hanggrundstücken oder schwierigen Grundstückssituationen ein Geländeschnitt
Das wäre wünschenswert
Nicht jeder verfügt über ein ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen. Grundsätzlich hilfreich und geeignet, Missverständnisse zu vermeiden sind daher:
- 3-D-Ansichten außen
- 3-D-Ansichten von Details
- 3-D-Perspektiven vom Innenbereich
Mit moderner Software hält sich der Aufwand für den Anbieter in Grenzen. Eine faire Lösung: Bieten Sie an, sich an den Kosten für die 3-D-Exponate zu beteiligen, sofern Ihnen diese bei späterer Auftragserteilung wieder gutgeschrieben werden.
Jetzt kommt das wichtigste
Vergessen Sie auf keinen Fall, sämtliche Planunterlagen in der aktuellen und letztgültigen Fassung auch zum Bestandteil des Vertrags zu machen. Am besten indem Sie, beispielsweise bei Entwurfsplänen im DIN A4 Format, jedes einzelne Blatt unterzeichnen oder paraphieren.
Wenn Sie das nicht tun, war die Mühe weitgehend umsonst. Häufig werden mehrere Planversionen gefertigt. Wer soll sonst am Ende noch wissen, auf welche sich der Vertrag bezieht?
Nicht blindlings unterzeichnen
Nicht nur für Vertragspläne gilt:
- Unterzeichnen Sie nicht blindlings, was Ihnen vorgelegt wird.
- Prüfen Sie, ob es sich um die korrekte Planfassung handelt.
- Prüfen Sie, ob die Pläne alles beinhalten, was besprochen bzw. Ihnen zugesagt wurde.
- Lassen Sie sich nicht drängen!
Seien Sie sorgfältig und nehmen Sie sich die nötige Zeit. Es ist kein Fehler, wenn Sie sich eine Liste oder sogar Checkliste machen, anhand derer Sie die Pläne durchgehen. Lassen Sie sich kein X für ein U vormachen! Die Pläne sind wichtige Vertragsbestandteile. Alle Abweichungen, Ergänzungen, Zusagen und Versprechungen müssen schriftlich fixiert werden. Erst wenn all diese Voraussetzungen vorliegen, unterzeichnen Sie die Pläne.
Denken Sie immer daran: Selbst die schwächste Tinte ist besser als das stärkste Gedächtnis.
Fallen Sie nicht auf folgende Verkäufer-Tricks herein:
- bestimmte Planbestandteile sind nicht wichtig und brauchen nicht in den Vertrag aufgenommen werden wie z. B. Kellerpläne, Ansichten, Schnitte
- es genügt, auf das Datum der Planfassung Bezug zu nehmen
- Pläne sind ohnehin nicht so wichtig
Bevor Sie einen Vertrag unterzeichnen, lassen Sie sich sämtliche Vertragsunterlagen vorab zusenden.
Dazu gehören:
- das Angebot
- eventuelle ergänzende Vereinbarungen
- das Formular des Hauptvertrages
- die Bau- oder Leistungsbeschreibung
- vollständige Planunterlagen in der aktuellsten Fassung
Wenn Sie sich sorgfältig mit diesen Unterlagen beschäftigen, werden Sie meist feststellen, dass noch etwas fehlt oder ergänzt werden muss. Oft sind es mündliche Zusagen. Manchmal sind die besprochenen Planänderungen noch nicht eingearbeitet. All das ist nicht weiter schlimm.
Machen Sie selbst eine Liste, in der all diese Punkte aufgeführt sind und schlagen Sie vor, die Aufstellung als Anlage zum Vertrag aufzunehmen. Mit dieser Lösung sollten dann alle glücklich und zufrieden sein.
Und denken Sie daran: Die Möglichkeit, Ihre Interessen zu wahren und Ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen, ist unmittelbar vor Vertragsabschluss am größten. Später wird es sehr viel schwieriger und auf jeden Fall teurer.
[1] Tatsächliche Bezeichnung geändert